Insekten-Invasion am Gardasee

Eine große Menge Schlamm und Treibholz fließt in den Gardasee

14.09.2024 – Eine bislang in Italien unbekannte Mückenart sorgt seit einer Woche für Aufregung rund um den Gardasee. Die Bewohner und Urlauber fliehen in ihre Häuser. Es handelt sich um einen Eindringling aus dem Norden.

Der Spätsommer ist für viele Touristen die schönste Zeit am Gardasee. Die Hektik der Hochsaison ist vorbei, das Wetter wird milder und die Temperaturen sind angenehm – ideal, um im erfrischenden Wasser des größten Sees Italiens zu schwimmen. Auch die Einheimischen genießen diese Zeit, bevor der Herbst Einzug hält.

Doch seit letzter Woche wird die Gegend von einer bisher unbekannten Plage heimgesucht. Wie das Portal larena.it berichtet, traten am Samstag (7. September) tagsüber plötzlich „kleine, mückenähnliche Insekten“ in einem Gebiet zwischen Lazise, Castelnuovo und Peschiera am Südufer des Sees auf. 

„Die Menschen versuchten verzweifelt, sich von diesen kleinen Tieren zu befreien, um Stiche zu vermeiden“, heißt es weiter. Mückenplage am Gardasee: Die Menschen fuchteln wild um sich.

Am frühen Nachmittag erreichte die Situation ihren Höhepunkt. „Viele Bürger, die sich in Parks oder in ihren Gärten aufhielten, mussten in ihre Häuser fliehen“, berichtet das Portal weiter. Sogar im Freizeitpark Gardaland wurden die Besucher von den Insekten belästigt, die plötzlich in Schwärmen auftraten. Ein Video zeigt, wie die Gäste dort verzweifelt um sich schlugen.

Das Phänomen betraf sowohl die Wasseroberfläche als auch den Uferbereich, was besonders die Badegäste zu spüren bekamen. Eines war klar: Es waren nicht die in Italien weit verbreiteten Stechmücken, die „zanzare“, sondern winzige, zwei bis sechs Millimeter große schwarze Mücken, die Ähnlichkeit mit Stubenfliegen hatten. 

Die Übeltäter wurden schnell identifiziert: „Ich habe das Umweltamt und den Veterinärdienst kontaktiert, um mehr Informationen zu erhalten“, erklärt Filippo Gavazzoni, der Vizebürgermeister von Peschiera und für den Schutz des Sees zuständig, gegenüber larena.it. „Inoffiziell wurde mir mitgeteilt, dass es sich aufgrund der Beschreibung um Kriebelmücken handeln könnte: Das ist schon seltsam.“

Kriebelmücken-Alarm: Der Übeltäter am Gardasee stammt aus dem hohen Norden.

Kriebelmücken sind eine äußerst unangenehme Art, die ursprünglich in Skandinavien heimisch war und dort seit jeher Waldarbeiter plagt. In den letzten Jahren haben sie sich jedoch immer weiter nach Deutschland ausgebreitet. Sie bevorzugen Gewässer, in denen sie vor allem im warmen Wasser brüten können. Der Gardasee weist zurzeit eine Wassertemperatur von 23 Grad auf. 

Auch in Süddeutschland gab es in den letzten Jahren vermehrt Beschwerden über diese Mücken. Die Kriebelmücken fügen mit ihren Beißwerkzeugen winzige Wunden zu und saugen dann mit ihrem Rüssel Blut ab.

Eine Invasion von Kriebelmücken hält die Menschen am Gardasee auf Trab. 

Leonardo Latella, Zoologe und Leiter der naturkundlichen Sammlungen des Naturkundemuseums in Verona, erklärt: „Die zunehmende Erwärmung des Klimas und das vermehrte Niederschlagsaufkommen erleichtern den Wasserinsekten, die warmes Wasser bevorzugen, sicherlich das Überleben.“ 

Alan Faini, ein Fischer aus Peschiera, hatte auf seinem Boot einen regelrechten Kampf mit den Insekten: „Man merkt es nicht sofort, wenn man in einen Schwarm gerät; sie sind so klein, dass sie einen sofort angreifen, und wenn sie erst einmal auf dem Körper sitzen, verschwinden sie nicht mehr, als wären sie Flöhe“, berichtet er dem Portal.

Fischer vom Gardasee klagt: „Diese Mücken machen mich wahnsinnig!“ Faini ergänzt: „Ich bin seit 40 Jahren Fischer und habe viele Moskitos gesehen, aber so etwas habe ich noch nie erlebt.“ 

Am Freitag (6. September) war er gegen Mittag hinausgefahren und musste nach 20 Minuten umkehren, weil ihn diese Insekten angegriffen hatten. „Am Nachmittag habe ich Moskitonetze an meinem Boot angebracht und mich ordentlich eingekleidet: Socken und lange Hose, langärmliges Hemd und Mütze.“ 

Doch alles war vergebens: „Es war hoffnungslos; sie waren überall und ich musste unter wirklich schwierigen Bedingungen arbeiten – sie machen mich verrückt!“

Forscher der Goethe-Universität und des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums in Frankfurt am Main hatten bereits im Februar vor einer Ausbreitung der Kriebelmücke in Deutschland gewarnt. 

Zu diesem Zeitpunkt war noch keine Rede von Italien. Im Gegensatz zum Vorjahr, als der Gardasee historisch niedrige Wasserstände hatte, ist der See in diesem Jahr dank ständiger Regenfälle in den Alpen gut gefüllt. Nach einem Unwetter gab es sogar einen Noroviren-Alarm.